Sonntag, 21. Januar 2007
"Freiwillige Ausreise"
Es gibt schon sprachliche Missgriffe. "Freiwillige Ausreise" ist das Unwort des Jahres 2006. Dies gab eine Jury aus Sprachwissenschaftlern in Köthen in Sachsen-Anhalt bekannt. Der Begriff bezieht sich darauf, dass viele abgelehnte Asylbewerber vor einer Abschiebung unter Zwang "freiwillig" in ihre Heimat zurückkehren würden.
Was heißt da "freiwillig"? Ich würde hier auch eher dazu tendieren, dass das Unwort sachlich grob unangemessen ist und die Menschenwürde verletzt. Das ""Ausreisezentrum", ein Begriff, der sogar im Zuwanderungsgesetz steht ist nichts anderes als eine Abschiebehaftanstalt. Die "freiwillige Ausreise" ist im Grunde genommen dann die Fortentwicklung. Dabei handelt es sich keineswegs um Last-Minute Flüge, sondern die Ayslbewerber werden so lange sagen wir "bearbeitet", bis sie versuchen mehr oder weniger gezwungen, das Land wieder zu verlassen. Das Wort "freiwillig" kann schon erheblich in Zweifel gezogen werden. Es sind keine Ausreisewünsche oder freiwillige Ausreiseanträge wie zu DDR- Zeiten. Der eigentlich positive Klang des Wortes hat eine Umkehrung ins Negative erfahren, und das ist das Fatale und steht in einem schiefen Verhältnis zur Realität, so auch die Jury.
Montag, 15. Januar 2007
Blauer Montag
Die Bezeichnung "Blauer Montag" entstand schon vor hunderten von Jahren, als die Kirchen montags noch mit blauen oder violetten Tüchern geschmückt und ausgekleidet wurden. Die Arbeitsfreiheit des Fastenmontags wurde bald auf die anderen Montage des Jahres ausgedehnt.
Das "Blau machen" aber geht wohl auf die arbeitsbedingte Pause im Färberhandwerk zurück. Man färbte die Wolle mit Indigo, der aus Färberwaid gewonnen wurde. Dies ist ein Farbstoff, der erst durch Sauerstoffzufuhr an Luft zur Farbe Blau umschlägt. Der Färber versetzte den Farbstoff mit Urin und ließ die Wolle über Nacht im Farbbad, um sie dann am nächsten Tag an der Luft trocknen zu lassen, wobei sich die blaue Farbtönung des Farbstoffs entwickelte. Im Mittelalter war der genaue chemische Ablauf noch nicht bekannt, die Färber wussten allerdings, dass die Farbstoffausbeute durch die Zugabe von Alkohol verbessert werden konnte.
Dieser wurde nun aber nicht einfach so zugegeben, sondern wie in alten Rezepten vermerkt wurde, eignete sich Urin von fettleibigen Männern, die viel Alkohol getrunken hatten, besonders gut. Blaufärben war also - abgesehen vom Gestank - eine angenehme Arbeit im Freien, bei der es auch noch reichlich Alkoholisches zu trinken gab.
Zum Färben der Stoffe wurden diese meist sonntags für mindestens 12 Stunden in das Färbebad eingetaucht. Die blaue Farbe auf den Textilstücken ergab sich jedoch erst, wenn diese längere Zeit an die Luft gehängt wurden. Immer wenn die Färbergesellen am Montag betrunken daneben lagen, um auf das Ergebnis zu warten, wusste jeder, dass blau gefärbt wurde. Â Diese Färbemethode wurde Anfang des 18. Jhd. abgelöst, die Redewendung "blau machen" blieb aber erhalten.
Eine weitere Variante:
blau, blau sein, blau machen, Blauer Montag, blaue Bohne, blauer Dunst leiten sich sämtlich ab vom jiddischen b´lo oder b´low = ohne ..., mit nichts her.
Das Wort "blau" deutet einfach die Negierung einer Tatsache oder eines Wertes an, so Salcia Landmann in "Jiddisch Das Abenteuer einer Sprache".
Welche Formen der Tag auch immer angenommen hat zeigt heute ein Streifzug durch das Internet. Dort findet man alles zu diesem Thema, blaue Blumen, die am Montag geknipst wurden, Schnappschüsse von Männerausflügen und natürlich auch die expressionistische Maler Franz Marc und Wassily Kandinsky (Blauer Reiter), nur nicht mehr den Hinweis auf die kirchliche Tradition. Eines muss man jedoch hinzufügen: Studien haben ergeben, das nicht der Montag, sondern der Dienstag ein klassischer Tag zum Blaumachen ist ...
In diesem Sinne einen guten Start in die neue Woche.
Freitag, 29. Dezember 2006
Bordbag
Viele von uns haben schon die Flugreisen für 2007 geplant oder schon gebucht. Immer wieder taucht dann die Frage nach dem Bordgepäck auf.
Ab Mai 2007 darf Handgepäck nicht größer sein als 56x45x25 Zentimeter. Letztlich, so der ADAC, entscheiden Sicherheitsdienste, was mit an Bord darf. So begrenzen Lufthansa, Alitalia, Condor und Etihad Kabinenkoffer auf 55x40x20 Zentimeter. Eine Größe, die auch für alle Flüge von britischen Flughäfen bindend ist. Die in Kaufhäusern oft verwendeten Muster-Ständer taugen also nur bedingt als gültiges Maß. Sicherheitshalber direkt bei der Fluggesellschaft direkt nachfragen.
Donnerstag, 28. Dezember 2006
Prosecco & Discounter - eine prickelnde Angelegenheit
Was ist denn nun "Prosecco" - ein Schickimicki Getränk à la Paris Hilton (im Sommer 2006 auf Mallorca in goldener Dose eingeführt) und Baby Schimmerlos oder nur ein billiger Schaum- oder Perlwein?
Prosecco ist zunächst einmal eine weiße Rebsorte, die nur im Nordosten Italiens in einer kleinen Region der Provinz Treviso in der Region Veneto wächst. Aus ihr keltert man hauptsächlich einen Perlwein (italienisch: "Frizzante"), sowie Schaumweine und normalen Wein. Der Unterschied zwischem einem Sekt und einem Perlwein besteht ganz allgemein darin, dass ein Sekt zweimal vergoren wird und die Kohlensäure stammt aus dieser Gärung, während bei einem Perlwein keine zweite Gärung stattfindet und entwichene Kohlensäure zugeführt wird. Ein Perlwein ist also ein Wein der gegenüber den sogenannten "Stillweinen" einen erhöhten Überschuss an Kohlensäure besitzt. Beim Eingießen in ein Glas perlt er zwar sichtbar, aber nicht so stark wie ein Sekt. Denn: Perlweine weisen einen Druck von 1 bis 2,5 Bar auf, während Sekt bis zu 6 Bar Kohlensäuredruck enthält.
Da der Wein den Namen einer Traubensorte trägt, könnte er grundsätzlich überall hergestellt werden. Jedoch nur Prosecco aus einer gesetzlich definierten Region um die Gemeinden Valdobbiadene und Conegliano dürfen den Status eines "DOC"-Prosecco bei Einhaltung vorgeschriebener Qualitätsstandards tragen. Weine, Perlweine und Sekte aus der gleichen Traube aus anderen Teilen Italiens, dürfen nur die Bezeichnung "IGT" tragen. Das Anbaugebiet des DOC-Prosecco liegt in der Provinz Treviso im Veneto in den Hügeln der Trevisaner Voralpen.
Im Unterschied zu französischem Champagner oder deutschen Winzersekten wird der Schaumwein Prosecco oft nicht in der aufwändigeren Flaschengärung, sondern in Tankgärung (Méthode Charmat) hergestellt. Nur in den nahe Valdobbiadene gelegenen Gemeinden Fol und Saccol wird der "Cartizze", eine seltene Art des Prosecco gekeltert. Dieser stellt eine besonders hohe Qualitätsstufe des Prosecco dar. Er ist aufgrund seiner geringen Produktionsmenge außerhalb Italiens selten erhältlich.
Bei uns kennt man den Prosecco als prickelndes Vergnügen, der als Spumante (Schaumwein) und als Frizzante (Perlwein) Karriere gemacht hat und auch beim Discounter erhältlich ist.
In einem Test hat der "Prosecco di Conegliano Valdobbiandene" von Ald*-Süd die Note 1 erhalten. Der Testsieger überzeugte durch ein hervorragendes Aroma, das fruchtig und leicht nach Äpfeln schmeckt. Zudem feine Perlen, die angenehm auf der Zunge sprudeln. Gefolgt wurde er von dem Prosecco Cellini von Edek* Note 1-2 und dem Prosecco von dem gleichen Discounter -"Prosecco Foscari. Alle ca. 5 Euro. "Boticelli" und "Il Peraio" von Plu* bekamen die Noten 3+ bzw. 3- bei Preisen um die 2 Euro. Schlusslicht war die Marke "Terrazza Blu" von Penn*.
44 Gläser Sekt trank jeder Deutsche über 15 Jahre im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt. Das sind rund 416 Millionen normale 0,7 l Flaschen. Prosit!
Montag, 25. Dezember 2006
Am Weihnachtsmorgen 1772
Am Weihnachtsmorgen 1772
Johann Wolfgang von Goethe an Johann Christian Kestner
Frankfurt, den 25. Dezember 1772
Christtag früh. Es ist noch Nacht, lieber Kestner, ich bin aufgestanden, um bei Lichte morgens wieder zu schreiben, das mir angenehme Erinnerungen voriger Zeiten zurückruft; ich habe mir Coffee machen lassen, den Festtag zu ehren, und will euch schreiben, bis es Tag ist. Der Türmer hat sein Lied schon geblasen, ich wachte darüber auf. Gelobet seist du, Jesus Christ! Ich hab diese Zeit des Jahrs gar lieb, die Lieder, die man singt, und die Kälte, die eingefallen ist, macht mich vollends vergnügt. ich habe gestern einen herrlichen Tag gehabt, ich fürchtete für den heutigen, aber der ist auch gut begonnen, und da ist mir's fürs Enden nicht angst.
Der Türmer hat sich wieder zu mir gekehrt; der Nordwind bringt mir seine Melodie, als blies er vor meinem Fenster. Gestern, lieber Kestner, war ich mit einigen guten Jungens auf dem Lande; unsre Lustbarkeit war sehr laut und Geschrei und Gelächter von Anfang zu ende. Das taugt sonst nichts für de kommende Stunde. Doch was können die heiligen Götter nicht wenden, wenn's ihnen beliebt; sie gaben mir einen frohen Abend, ich hatte keinen Wein getrunken, mein Aug war ganz unbefangen über die Natur. Ein schöner Abend, als wir zurückgingen; es ward Nacht. Nun muß ich Dir sagen, das ist immer eine Sympathie für meine Seele, wenn die Sonne lang hinunter ist und die Nacht von Morgen heraus nach Nord und Süd um sich gegriffen hat, und nur noch ein dämmernder Kreis von Abend herausleuchtet. Seht, Kestner, wo das Land flach ist, ist's das herrlichste Schauspiel, ich habe jünger und wärmer stundenlang so ihr zugesehn hinabdämmern auf meinen Wanderungen. Auf der Brücke hielt ich still. Die düstre Stadt zu beiden Seiten, der stilleuchtende Horizont, der Widerschein im Fluß machte einen köstlichen Eindruck in meine Seele, den ich mit beiden Armen umfaßte. Ich lief zu den Gerocks, ließ mir Bleistift geben und Papier und zeichnete zu meiner großen Freude das ganze Bild so dämmernd warm, als es in meiner Seele stand. Sie hatten alle Freude mit mir darüber, empfanden alles, was ich gemacht hatte, und da war ich's erst gewiß, ich bot ihnen an, drum zu würfeln, sie schlugen's aus und wollen, ich soll's Mercken schicken. Nun hängt's hier an meiner Wand und freut mich heute wie gestern. Wir hatten einen schönen Abend zusammen, wie Leute, denen das Glück ein großes Geschenk gemacht hat, und ich schlief ein, den Heiligen im Himmel dankend, daß sie uns Kinderfreude zum Christ bescheren wollen.
Als ich über den Markt ging und die vielen Lichter und Spielsachen sah, dacht ich an euch und meine Bubens, wie ihr ihnen kommen würdet, diesen Augenblick ein himmlischer Bote mit dem blauen Evangelio, und wie aufgerollt sie das Buch erbauen werde. Hätt ich bei euch sein können, ich hätte wollen so ein Fest Wachsstöcke illuminieren, daß es in den kleinen Köpfen ein Widerschein der Herrlichkeit des Himmels geglänzt hätte. Die Torschließer kommen vom Bürgermeister und rasseln mit den Schlüsseln. Das erste Grau des Tags kommt mir über des Nachbarn Haus, und die Glocken läuten eine christliche Gemeinde zusammen. Wohl, ich bin erbaut hier oben auf meiner Stube, die ich lang nicht so lieb hatte als jetzt.
Donnerstag, 21. Dezember 2006
Wintersonnenwende
Die Wintersonnenwende ist die Umkehr der Deklinationsbewegung der Sonne am 21. Dezember . Sie markiert den Winteranfang . Dies ist der Tag im Jahr mit der kürzesten Helligkeits- und der längsten Dunkelheitsperiode.
Da ab diesem Zeitpunkt die Tage wieder länger werden, war die Wintersonnenwende in vielen antiken und frühmittelalterlichen Kulturen ein wichtiges Fest das allerdings oft auch ein paar Tage vor bzw. nach dem Datum der tatsächlichen Sonnenwende gefeiert wurde.
Die Germanen feierten zur Wintersonnenwende das Julfest . Bei den Römern war der 25. Dezember einer der höchsten Feiertage zu Ehren des Gottes der unbesiegten Sonne Sol invictus . Also gute Nachrichten für diejenigen, die sich nun auf den Frühling freuen und für die die Dunkelheit ein Greuel ist.
Auch das christliche Weihnachtsfest liegt zeitlich kurz nach der Wintersonnenwende.
Bis zur Sommersonnenwende am 21. Juni 2007, dem längsten Tag und der kürzesten Nacht des Jahres, müssen wir uns allerdings noch ein wenig gedulden.
Montag, 18. Dezember 2006
Nadeldreisatz
Zu den typischen Weihnachtsgeräuschen gehört neben "Last Christmas" von Wham und dem Rascheln von Geschenkpapier auch das Brummen des Staubsaugers. Man muss es so deutlich sagen, denn ein abgesägter Baum egal welcher Preiskategorie ist ein sterbender Baum. Folglich nadelt er.
Der Braunschweiger Werner Behm wollte einmal genau wissen, wie viele Nadeln eine Fichte hat. Er ließ einen 2,20 Meter hohen Baum komplett abnadeln und zählte nach. Das Ergebnis 2.800.130 Nadeln.
Natürlich zählte er nicht alle durch, sondern hörte bei 1000 Stück auf. Diese Menge nahm er mit zur Post und ließ sie auf einer Briefwaage wiegen. Genau 3 Gramm. Dann kippte er wieder alle Nadeln zusammen, wog noch einmal und hatte per Dreisatz das Ergebnis.
Übrigens, so ein Baum hat mehr Nadeln als ein Mensch Haare auf dem Kopf. Maximal 150.000 sollen es sein, bei mir sind es sicherlich weitaus weniger. Ob man Menschen abnadeln ließ, um auf die Zahl zu kommen, ist leider nicht überliefert.Â

Rauft Euch bei all diesen Rechenspielchen jetzt nicht gleich die Haare. Ich wünsche Euch allen eine coole Woche - bald ist Weihnachten.






Kommentare